Vom 1. Juni bis 1.September 2002 fand unter der Schirmherrschaft von Staatministerin Ruth Wagner, der stellvertretenden Hessischen Ministerpräsidentin, in der Stadtkirche die dritte Ausstellung der Reihe "IM DIALOG" mit Werken des Wiener Bildhauers Joannis Avramidis statt. Gezeigt wurden die Plastiken "Polis", "Kouros" und "Figur". Die Ausstellung wurde von einem umfangreichen musikalischen und literarischen Programm und von regelmäßigen Führungen begleitet.
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ZUM KÜNSTLER
JOANNIS AVRAMIDIS, 1922 in Batumi, Georgien geboren.
„Grieche, studierte 1937–39 an Kunstschule Batumi, ging 1939 nach Athen, wurde 1943 zur Arbeit nach Wien dienstverpflichtet. Dort 1945–51 Studium der Malerei und 1953–56 Studium der Bildhauerei bei Wotruba an Akademie. Lehrtätigkeit ab 1965 in Wien, Hamburg und wieder Wien. Setzte sich mit Wotrubas archaisierend-kubistischer Vereinfachung und Brancusis Abstraktion auseinander. Seit 1957 gestaltete er ausschließlich schlanke, wie gedrechselt wirkende „Ideal“-Figuren in konstruktivistischer Unpersönlichkeit, aber mit organischen Proportionen und schwellenden Formen, vorwiegend zu Gruppen oder „Bändern“ gebündelt. Lebendiges sucht sich durch feine Asymmetrien und Rhythmen gegen Technisierung und Vermassung zu behaupten. 162 bei Biennale Venedig.“
Peter H. Feist, Figur & Objekt, Plastik im 20. Jahrhundert, Leipzig 1996
„Alberto Giacometti öffnete mir auf der Biennale in Venedig von 1962 wirklich die Augen für die ‚Qualität und das Drama’ – wie er sich ausdrückte – des Bildhauers Avramidis. Jenseits der durchsichtigen Strukturen, die den menschlichen Körper und seine dynamischen Spannungen in harmonischen Sequenzen und Modulationen reiner Form kristallisieren, nahm Giacometti die Angst wahr, das ständig wiederkehrende Bild der Einsamkeit, die Suche nach einer Zuflucht in der Umarmung der Menschen, die in ihre eigene Unfähigkeit zur Kommunikation eingeschlossen sind.“
Franco Russoli, in Joannis Avramidis, „Agora“, Skulpturen und Zeichnungen 1953 bis 1988, Edition Brusberg 18, Berlin 1989
ZU WERK UND KONZEPTION
Nachdem im DIALOG I ein ‚Innenverhältnis’, die Veränderungen des Menschenbildes im Lauf der Jahrhunderte und im DIALOG II, mit der Zerstörung von Stadt und Kirche ein ‚Außenverhältnis’ thematisiert wurde, soll anhand der Arbeiten des Wiener Bildhauers, Joannis Avramidis, das Verhältnis von ‚ICH’ und ‚WIR’, Individuum und Gesellschaft zum Gegenstand der Ausstellung machen. Einer Figurengruppe ‚Polis’ im Chorraum sollen ein ‚Kouros – großer Torso’ und eine ‚Große Figur’ im Kirchenschiff gegenüberstehen. Die relative Enge des Chores lässt die Gruppe besonders zur Geltung kommen, die Weite des Kirchenschiffes hebt die Vereinzelung des Individuums hervor. Die inhaltlichen und historischen Bezüge, zumal in einer Kirche, liegen genauso auf der Hand, wie die vielfältigen Varianten des Themas: Klerus und Kirchenvolk, Führer und Ge- bzw. Verführte, Masse und Einzelner, Fürst und Untertanen usw. und werden zudem durch die Architektur und Ausstattung der Kirche weiter differenziert und variiert.
AUS DEM AUSSTELLUNGSBUCH
Toll dass es diese Kirche unternimmt mit diesem Klassiker der österreichisch-europäischen Moderne diesen „Dialog“ zu inszenieren. J.H. • Stimmig! H.K. • Harmonisch, in sich geschlossen im „Dialog“ und einzeln. Viel Freude!! I.K.-W. • Danke für die Reihe- J.L. • Großartig, dieser Avramidis! Belebt den Altar. R. • Es ist schön, dass diese Kirche offen steht und sich mit Kunst beschäftigt! H. • Eine wunderbare Idee, diese Begegnung von Kunst und Kirche. V.S. • Danke für die nötige Aufgabenerledigung „Kunst und Kirche“ in unserer Zeit verständnisvoll zusammenzuführen. S. u. W. • Im Dialog III – Eine Quelle der Inspiration, Assoziation und Einladung zum Verweilen. Vielen Dank. A.L. • Ein beeindruckendes und ein berückendes Werk! Schön, dass Sie immer wieder Kunstwerke und Künstler bei ihren Ausstellungen wählen, die sich dem Nur-Schönen, Eindimensionalen verschließen! Kunst spricht mehr zu mir, als viele Gottesdienste – schön, dass sie auch diesen Weg gehen! G.R. • Sehr beeindruckend, ich komme nochmals. B.G. • Danke, dass sie diese wunderbare Kunst in die Kirche bringen. A.L. • Ständig wechselnde Eindrücke im längeren Betrachten. Von Einheit zur Vielheit, einzelnem Ton zur Komposition, sehr bewegend. E.H. • Missbrauchen sie ihre Kirche nicht mit Pseudokunst. Auch griechische Plastiken oder Rodin wirken nicht besser neben J.A. Aber J.A.’s Plastiken neben den griechischen oder R. gewinnen, sonst würde man an ihnen (mit Recht) vorbeilaufen. Mi. • Die Gruppe vor dem Altar verdeckt den schönen Altar! – muss das sein? – A.A. • Ja! Th.D. • Kunst ist aus jeglicher Sicht immer „subjektiv“. Einige Menschen werden begeistert sein, andere Menschen sicherlich nicht. Sie regt uns an und gibt Impulse. Erst Denken, dann Handeln. Ich finde gerade deshalb passt Kunst und Kirche zusammen. B.C. • Diese Art von Kunst passt nicht in eine Kirche. E. • Eine gelungene Verbindung, zugleich auch Gegenüberstellung. Großartig. R. • Danke, passt, ist schön und gefällt mir. Warum soll das nicht in den Kontext dieser Kirche passen? Zum Beispiel die Sandsteinwand in der Apsis dahinter, mit den Stiftern – Werden und vergehen. Davor „Polis“ – Formen aus dem natürlichen herauswachsend, aufsteigend sich konkretisieren im Menschlichen und sich wieder auflösen im Raum… S.G. • nochmals: B.W. • Eine evangelische Darmstädterin in der Mitte des Lebens kehrt nach vielen Jahren im Ausland in den Ferien zurück in die Stadtkirche und findet: Dialog mit einem Griechen. Anlass für viele Gedanken!! D.L. • Tief beeindruckend. S.B. • Immer, wenn ich in der Stadt bin, komme ich hierher und bewundre das Kunstwerk. R.Sch. • Heute habe ich diese Kirche mehrmals besucht und mich sowohl mit dem Künstler, als auch seiner Biographie und seinem Werk beschäftigt. M.N.
Fotos: Renate J. Deckers-Matzko © Stadtkirche Darmstadt