Ruth Klüger eröffnet den 9. Literarischen Herbst an der Stadtkirche
Ruth Klüger verdankte es auch den auswendig gelernten Gedichten, dass sie das KZ überlebte. Verse von Goethe, Schiller und Heine. Doch nicht nur Gedichte anderer gaben Ruth Klüger Halt, sondern auch die eigenen, die sie als junges Mädchen in Auschwitz und danach bis in die Gegenwart hinein verfasste, aber kaum veröffentlichte. Nach dem
Krieg wurde zunächst die intensive Beschäftigung mit fremden Texten zum Beruf für die renommierte Literaturwissenschaftlerin. Mit Adornos berühmtem Satz: »Nach Auschwitz Gedichte zu schreiben, ist barbarisch«, setzte sie sich beim Lesen und Schreiben von Lyrik immer wieder auseinander, um ihn dann doch achselzuckend beiseite zu schieben. In diesem Band sind nun erstmals Ruth Klügers eigene Gedichte versammelt, die zwischen 1944 und heute entstanden sind und eine markante neue Seite im Werk der Autorin aufschlagen. Den Gedichten angefügt hat Ruth Klüger ihre eigene Interpretation. Sie spricht davon, wie das »Gedichtemachen« ihr Leben begleitet und beeinflusst hat, deutet die von ihr verwendeten Bilder, weist auf Zitate und Anspielungen hin, zeigt mögliche Lesarten
auf – und lässt dabei dem Leser immer ausreichend Raum für eigene Assoziationen.
Ruth Klüger wurde 1931 in Wien geboren. 1942 Verschleppung in die Konzentrationslager Theresienstadt, Auschwitz und Christianstadt. 1945 Flucht aus dem Konzentrationslager Groß-Rosen. 1947 Emigration in die USA. 1980 bis 1986 Professorin an der Princeton University, danach an der University of California. Ruth Klügers Autobiografie »weiter leben. Eine Jugend« wurde in zehn Sprachen übersetzt.